Cord Pagenstecher, Der bundesdeutsche Tourismus. Ansätze zu einer Visual History: Urlaubsprospekte, Reiseführer, Fotoalben, 1950 - 1990, Hamburg 2., korrigierte und aktualisierte Auflage 2012 (1. Auflage 2003, zugl. Diss FU Berlin)
Die Deutschen gelten als Reiseweltmeister. Doch wie hat sich ihr Urlaubsverhalten seit den 1950er Jahren verändert? Cord Pagenstecher schildert Grundlagen und Entwicklungslinien des westdeutschen Nachkriegstourismus und stellt eine biografische Fallstudie vor. Er analysiert Tourismusprospekte, Reiseführer und private Fotoalben. Gestützt auf die Tourismustheorie Hans Magnus Enzensbergers, erforscht der Historiker die Leitbilder und Konstruktionsmechanismen des touristischen Blicks. Dafür hat er innovative Methoden einer Visual History entwickelt und an Urlaubsfotos und anderen Bildquellen erprobt.
Capri-Fischer und Baedeker, Alpenglühen und Teutonengrill - das Thema
Tourismus ruft nostalgische Erinnerungen ebenso hervor wie beißenden Spott. Der
Durchbruch zum Massentourismus war eines der zentralen Elemente der
bundesdeutschen Geschichte: Die Urlaubsreise wurde zum festen Lebensbestandteil
breiter Bevölkerungsgruppen und prägte das Lebensgefühl des ‚Wirtschaftswunders'.
Die bunten Bilder von Stränden, Bergen und Kirchen sind bis heute in
Urlaubsprospekten und Fotoalben, Reiseführern und Tourismusplakaten
allgegenwärtig.
Gleichwohl war der Nachkriegstourismus bislang kaum ein Thema für die
Geschichtswissenschaft; vor allem über die Wahrnehmung der Reisenden wissen wir
wenig. Diese mentalitätsgeschichtliche Studie untersucht die Urlaubsreisen der
Bundesdeutschen in den 1950er bis 1980er Jahren. Sie fragt nach den Leitbildern
und den Konstruktionsmechanismen des touristischen Blicks im historischen
Wandel.
Den theoretischen Ausgangspunkt bildet der Tourismus-Essay Hans Magnus
Enzensbergers, ergänzt um neuere Entwürfe, vor allem John Urrys ‚Tourist
Gaze'. Zur Analyse touristischer Wahrnehmungsmuster entwickelt Cord Pagenstecher
innovative Methoden einer ‚Visual History' und erprobt sie an Urlaubsfotos und
anderen Bildquellen. Die wichtigsten Quellen sind Tourismusprospekte,
Reiseführer und private Fotoalben.
Nach der Schilderung von Grundlagen und Entwicklungslinien des
Nachkriegstourismus werden touristische Medien und ausgewählte Tourismusarten
analysiert und schließlich eine biografische Fallstudie vorgestellt. In
verschiedenen Medien - Werbung, Reiseführern und Privatfotos - und Reisearten -
Alpen-, Stadt- und Strandtourismus - zeigen sich insgesamt übereinstimmende
Entwicklungen: Der visuelle Symbolkonsum spielte eine wachsende Rolle im
Tourismus. Der touristische Blick der Bundesdeutschen orientierte sich zunehmend
am geselligen Erlebnis-Leitbild; er wurde standardisierter und stärker von der
sich industrialisierenden Tourismusbranche beeinflusst.
Das Buch entstand zunächst als Dissertation am Fachbereich für Geschichts- und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin unter dem Titel "Der touristische Blick. Ansätze zu einer ‚Visual History' des westdeutschen Nachkriegs-Tourismus". 2003 erschien im Verlag Dr. Kovac, Hamburg, die erste Auflage, 2012 die zweite, korrigierte und aktualisierte Auflage.
1 Einleitung
2 Grundlagen
2.1 Inhalt und Konstruktion des touristischen Blicks. Theoretische
Grundlagen
2.2 Der Wandel des touristischen Blicks. Historische Rahmenbedingungen
2.3 Bildanalyse und ‚Visual History'. Methodische Vorüberlegungen
3 Entwicklungslinien
3.1 Der Blick auf den Tourismus. Der Diskurs in Lexika, Medien und
Fachöffentlichkeit
3.2 Massentourismus und Tourismusindustrie. Quantitative Entwicklungen nach
zeitgenössischen Erhebungen
4 Touristische Medien
4.1 Von der ‚Reklame' zum ‚Marketing'. Produktion und Rezeption der
Tourismuswerbung
4.2 Der Niedergang des Baedekers. Entwicklungstendenzen auf dem
Reiseführermarkt
4.3 Urlaubsfotos in privaten Knipseralben. Quantitative Tendenzen und
qualitative Überlegungen
5 Tourismusarten
5.1 Der Alpentourismus und seine Automobilisierung. Die Großglocknerstraße
in der lokalen Bildwerbung
5.2 Der Stadttourismus zwischen Geschichte, Moderne und Erlebnis. Nürnberg,
Lüneburg und Berlin in Ortsprospekten und Reiseführern
5.3 Der Strandtourismus zwischen Arkadien, Teutonengrill und Ballermann. Die
italienische
Adria und Mallorca in den Veranstalter-Katalogen
6 Fallstudie: Eine Reisebiografie in 45 Fotoalben
7 Schluss
8 Anhang
Dr. Cord Pagenstecher. Geschichte - Digital - Forschung - Bildung
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