Cord Pagenstecher,
Knipsen im Lager? Privatfotos eines niederländischen
Zwangsarbeiters im nationalsozialistischen Berlin,
in: Fotogeschichte, 18 (67). 1998, S. 51 – 60.
Wenig Fotografien existieren von ZwangsarbeiterInnen, den vergessenen Opfern
des Nationalsozialismus. Von der in einem vorangegangenen Artikel beschriebenen
fotografischen Überlieferung zur Zwangsarbeit im Nationalsozialismus sind die
Privatfotos der ehemaligen Opfer die am wenigsten erschlossene Gruppe. Trotz
widriger Umstände konnten ZwangsarbeiterInnen aber viele und aussagekräftige
Fotos machen.
Die Bilder im privaten Erinnerungsalbum eines Niederländers, der in
Berlin-Spandau zur Zwangsarbeit eingesetzt war, zeigen anschaulich das Leben in
den Lagern. Sie widerspiegeln nicht nur die Erfahrungswelt des holländischen
Fotografen, sondern auch die Selbstdarstellung der mehrfach abgebildeten
ukrainischen ZwangsarbeiterInnen. Wie generell bei Privatfotos, sind allerdings
viele negative Bereiche des Alltags ausgeklammert; insbesondere die zentralen
Themenfelder Arbeit und Gewalt bleiben weitgehend, aber nicht völlig
ausgespart. Dennoch bietet diese, im Vergleich zu den bisher meist
veröffentlichten Erfassungs- und Propagandafotos ganz anders geartetete private
Bildwelt eine einzigartige Möglichkeit, der damaligen Sichtweise und
Erfahrungswelt der Betroffenen auf die Spur zu kommen. Allerdings ist dazu eine
umfassende Betrachtung des Entstehungskontexts und eine eingehende Analyse der
Bildfunktionen erforderlich.
pagenstecher-1998b-knipsen-im-lager.pdf (115 kB, ohne Illustrationen)
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